Brunn schreibt . ...
Start der Geschichte
Am Hauptbahnhof holte sie sich noch schnell etwas zu essen und einen Kaffee. Beim Hinausgehen warf sie
die Reisedokumente in einen Abfallkorb vor dem Bahnhof. Die Fetzen verschwanden zwischen Essensresten,
blutrotem Ketchup und Einwegbechern. "Gut so", dachte sie. Dann wählte sie mit ihrem Kartenhandy die
Nummer eines Autoverleihers.
Es war einer jener Frühlingstage, der die Knospen an den Bäumen zum Platzen brachte. Als sie durch den
Wald Richtung Stadtrand fuhr, fielen ihr ein paar Szenen von damals ein. Sie sah ihn vor ihrer Tür stehen
mit fahler Miene, ein paar belanglose Sätze stammelnd und dann dieser eine: "Es wäre besser, wenn wir uns
nicht mehr sehen würden." "Besser für wen?", fragte sie sich halblaut über das Lenkrad gebeugt. Ein paar
Autos hinter ihr hupten. Fasst hätte sie das Blinken und Abbiegen vergessen. "Nein", sagte sie laut.
"Besser war das nicht". Zumindest nicht für sie. "9 Jahre sind eine lange Zeit", murmelte sie. Aber sie
hatte nichts vergessen. Kein Wort, keine Geste, keine von den kleinen und großen Lügen. Und deshalb war
sie jetzt hier. Hatte ein paar Tage Urlaub genommen und ein kleines Zimmer in Bahnhofsnähe gemietet.
Zuerst wollte sie sich vergewissern, dass er wirklich noch hier wohnte. Den Berg hinauf gab sie ordentlich
Gas. Doch dann hielt sie auf der Kuppe, fuhr links in den Parkplatz und wartete. Ein Pärchen, das Händchen
haltend aus dem Wald kam. So wie sie damals, schoss es ihr durch den Kopf. Sie wischte die Erinnerungen zur
Seite und öffnete ihre Reisetasche. Erkennen sollte man sie natürlich nicht, wenn sie durch den Ort fuhr.
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